Mein Sohn sitzt im Knast

Entsetzen, Scham, Ratlosigkeit bedrücken die Eltern kriminell gewordener Menschen.


Wenn das eigene Kind straffällig geworden ist, büßen meist auch die Eltern. „Was haben wir falsch gemacht, wie hätten wir es verhindern können?“ - quälende Fragen, auf die nicht immer klare Antworten gefunden werden. Und hinzu kommt die Scham, die häufig so groß ist, dass die Eltern sich niemandem anvertrauen und mit ihrer Last allein bleiben.  


Im März 2001 steht plötzlich die Polizei vor Wolfgang W. (55). „Wir haben ihren Sohn festgenommen - dringender Tatverdacht wegen Mord und Vergewaltigung“, heißt es. Entsetzen, Scham, Ratlosigkeit, Schuldgefühle – der alleinerziehende Vater durchlebt in den nächsten Wochen und Monaten ein emotionales Chaos.

In der niedersächsischen Kleinstadt ist die Tat seines Sohnes (32) eine makabere Sensation. Wolfgang traut sich zuerst kaum vor die Tür. Der Vater denkt an Wegzug, gar an Selbstmord. Doch letztendlich stellt er sich den Geschehnissen. Jetzt ist er zum ersten Mal bereit, öffentlich über die Tat seines Sohnes und die Auswirkungen auf sein Leben zu reden.  

Auch Roswitha (43) und Karl-Friedrich W. (54) haben ein gut gehütetes Familiengeheimnis. Seit anderthalb Jahren sitzt ihr Sohn (24) wegen eines bewaffneten Tankstellenüberfalles im Gefängnis. Die bohrende Frage nach dem „Warum“ beschäftigt seitdem die Eltern. Und die Angst, bei der Erziehung versagt zu haben. „Wir hätten ihm früher Grenzen setzen müssen“ – sind sich die Eltern heute einig.
Die Autorinnen Julia Geyer und Regina Milde haben lange nach Eltern suchen müssen, die den Mut hatten, mit dem Tabu-Thema „Mein Kind sitzt im Gefängnis“ an die Öffentlichkeit zu gehen. Auf einfühlsame Weise zeigen sie ein Leben im Spannungsfeld zwischen Scham, Schuld, Vorurteilen und großer Elternliebe.